Bergeübung Koflachgraben, 6.6.2015
Germeinsam mit der OS Spittal führten wir eine großangelegte Bergeübung im Koflachgraben durch.Der Bergungsretter klettert gesichert durch steiles, felsdurchsetztes Gelände zu einem einem verunfallten Wanderer. Er sichert die Unfallstelle und beginnt eine medizinische Notfalldiagnose zu stellen. Der Patient ist mehrfach an der Halswirbeläule und den Extremitäten verletzt. Medizinisches Notfallmaterial zur Erstversorgung des Patienten befindet sich bereits vor Ort. Gleichzeitig laufen bereits die Vorbereitungen der Bergung. Da diese über einen Wasserfall führt, muss eine behelfsmäßige Seilbahn errichtet werden, um den Patienten trocken in den weniger ausgesetzten Bereich zu bringen auf dem eine terrestrische Bergung über einen schmalen Pfad durchgeführt werden kann. Bohrhaken werden gesetzt, Tragseile gespannt, die Trage zusammengebaut. Kameraden aus den OS Spittal und Villach arbeiten Hand in Hand zusammen, als würden sie dies täglich tun.
Es handelt sich zwar nur um eines der drei Bergeszenarien der Einsatzübung der OS Spittal und Villach im Koflachgraben, zeigt aber, dass im Einsatzfall umfassende Fähigkeiten von einem Bergretter gefordert werden. Neben der medizinischen Ausbildung – viele Bergretter sind zusätzlich Notfallsanitäter oder Notärzte – will auch die technische Fertigkeit fortdauernd geschult sein. Mit verhältnismäßig wenigen technischen Mitteln kann ein erfahrener Gruppenleiter nahezu jedes Bergeszenarium lösen. Allein der Anmarsch zum Einsatzort stellt mitunter große Anforderungen an die Orientierungsfähigkeit des einzelnen Bergretters. Oft ist der Materialtransport über weite Strecken und Höhenunterschiede im erhöhtem Einsatztempo mit Korbtrage, Akja, Vakuummatratze oder Statikseil am Rücken für sich schon eine eindrucksvolle sportliche Leistung. Dabei hat die „wirkliche“ Arbeit noch gar nicht begonnen; nämlich die „Schinderei“ des Verletztentransports. Das alles erfordert umfassend alpinistisch versierte und konditionsstarke aktive Bergsteiger. Erwähnt werden muss natürlich, dass Bergretter v.a. bei Schlechtwetter oder bei Dunkelheit zum Einsatz kommen, wenn Hubschrauber am Boden bleiben müssen.
Bei der Übung im Koflachgraben ging es um das Zusammenspiel mehrerer Gruppen, die jede für sich eine medizinische Aufgabe und eine Bergung zu lösen hatten. Der Koflachgraben liegt zwischen Marwiesen bei Feistritz/Drau und der Kreuzen und wurde in Zeiten des Bergbaus bis nach dem 2. Weltkrieg wirtschaftlich intensiv genutzt. Auch heute noch befindet sich dort ein Wasserkraftwerk. Alte Stolleneingänge, Pfade und Wege ziehen auch heute noch abenteuerlustige Besucher an und der Graben gilt als Geheimtipp einer eindrucksvollen Schluchtwanderung. Gerne klettern Wanderer in den angrenzenden Bachzuläufen herum, so dass Unfälle wie der oben angenommene nicht unwahrscheinlich sind. Gerade die schwere Zugänglichkeit des Geländes ließ den Graben als prädestiniert für eine Übung erscheinen. 55 Bergretter und Bergretterinnen waren an der Übung beteiligt.
Bei einer „Einsatzübung“ geht es um die praktische Anwendung der in technischen und medizinischen Übungen geschulten Grundfertigkeiten der Bergretter. Medizinische Versorgung im Gelände stellt eine andere Herausforderung dar, als im Schulungsraum oder im Rettungswagen. Es braucht Improvisationstalent und Planungsfähigkeit von Seiten des Gruppenleiters, die technischen Herausforderungen sicher und zugleich möglichst einfach und rasch zu lösen, denn auch der Zeitfaktor ist eine wichtige medizinische Größe. Und jeder Bergretter muss sozusagen in „Selbsterfahrung“ immer wieder die körperlichen Strapazen eines Patiententransports über nahezu zwei Kilometer im schweren Gelände am eigenen Leib erfahren, um im Einsatzfall die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Schon einmal in der "Einradtrage" während dem Verletztentransport einen Patienten reanimiert? Eine behelfsmäßige Seilbahn mit über 100m Spannweite gebaut? Im Zustieg zum Verletzten mit Latschenbewuchs gekämpft? In einer guten Übung sollten die Herausforderungen so gewählt sein, dass für jeden Kameraden und jede Kameradin etwas dabei ist, an dem er oder sie lernen kann. Medizinische und technische Beobachter nehmen Handlungsabläufe wahr und melden sie nach Abschluss der Übung in einem konkreten Feedback an die Gruppe und an den Einzelnen zurück, damit jeder im Vollen Maße von der Übung profitiert.
Mit Übungsbeginn um 9.00 Uhr wurden alle Bergungen um 12.30 abgeschlossen. Die Nachbesprechung ist ein wichtiger Teil, in der Optimierungsbedarf angesprochen wird und jeder Teilnehmer auch von den Ergebnissen der anderen Einsatzgruppen profitieren kann, da er im Übungsverlauf selbst ja nur seinen eigenen kleinen Bereich wahrgenommen hat. Die Herausforderung in der Übungsvorbereitung ist zweifellos auch ein Übungsentwurf, der jedem Bergretter eine aktive Aufgabe zuteilt und damit auch einen Lernerfolg ermöglicht.
Wichtig bei ortsstellenübergreifenden Übungen ist auch der anschließende gemütliche Ausklang bei einer Grillerei am Truppenübungsplatz Marwiesen um einander näher kennenzulernen, eine wichtige Voraussetzung für so manchen Einsatz über die Ortsstellengrenzen hinaus, die wir in den letzten Jahren bereits miteinander abgewickelt haben. In der Zusammenarbeit mit anderen OS sind die eigenen Kameraden zusätzlich, sozusagen bis in die Haarspitzen motiviert. Diese Motivation, die Bereitschaft der Kameraden, auch in einer Übung bis an die eigenen Grenzen zu gehen, macht die Arbeit in der Bergrettung so spannend und lohnend.
-> Bericht auf kleinezeitung.at