Offizielle Adresse Ortsstelle Villach
Österreichischer Bergrettungsdienst
Landesorganisation Kärnten
Ortsstelle Villach
Kasernengasse 3
9500 Villach
IBAN: AT11 1700 0001 5005 2114
Einsatzgebiet
1.028,92 km2
Ortsstellenleiter
Müller Arnulf
Telefon
+43 664 5482146
facebook.com/BergrettungVillach

Katastrophenseinsatz Gegendtal, 29.-30.6.2022
Einsatzmeldung: 29.6.2022, 3:06 Uhr „EO=@VOGELSANGWEG (TREFFEN AM OSSIACHERSEE_AeUssERE EINOeDE) 1 Murenabgang, mehrere Häuser verschuettet unbekannte Anzahl an Leuten auf der Straße verschuettet“
Mit dieser Einsatzmeldung befand sich die Bergrettung Villach plötzlich und unvermittelt mitten in Dynamik eines Katastropheneinsatzes. Schon am späten Nachmittag hatte es heftige Gewitter gegeben. Starker Niederschlag und Sturm in der Nacht hatte die Bewohner des Gegendtales unruhig schlafen lassen. Die Einsatzmeldung ließ die Kameraden unserer Ortsstelle aus dem Schlaf hochfahren, Lawinen- und Trümmerhunde setzten sich rasch in Bewegung. In der frühen Phase des Einsatzes herrschte noch große Unklarheit über das Ausmaß der Zerstörungen, ab dem Ortszentrum von Treffen am Ossiachersee gab es kein Weiterkommen mehr. Später stellte sich für die Einsatzkräfte heraus, dass es im Ortskern zu heftigen Vermurungen gekommen war, die eine Schneise der Zerstörung bis in die Felder des Gegendtales gelegt hatte.
Zunächst galt es die verfügbaren Kräften im Bereich vor Treffen zu bündeln und die Lage zu erheben. Die Bergrettung legte hier gemeinsam mit dem Roten Kreuz ihr Augenmerk auf die Erhebung und Rettung von verletzten und vermissten Personen. Der Verdienst der Einsatzleiter Rauter und Lindebner war es dabei, Ruhe in diese unübersichtliche Situation zu bringen. Nach der anfänglich sehr dramatischen Meldung konnte bald eine gewisse Entwarnung gegeben werden, da nur wenige Vermisstenmeldungen über die Leitstellen einlangten. Die Sicherheit der Rettungskräfte war dabei zu jeder Zeit oberste Priorität.

Mit Tagesanbruch konnten auch die ersten Erkundungsflüge mit dem Hubschrauber des Innenministeriums durchgeführt werden. Die Straße in der Gegentaler Schlucht war beispielsweise vollkommen weggerissen. Die Einsatzleiter der Bergrettung übernahmen dabei die Koordinierung der medizinischen Akutkräfte und disponierte den Hubschrauber des Innenministeriums. Hier musste auch eine Priorisierung der Einsätze vorgenommen werden. Es musste entschieden werden ob z. B. zuerst sieben Personen vom Dach eines Hauses ausgeflogen werden oder der Hubschrauber zuerst ein Rettungsteam zu einem Haus fliegt, das laut Meldungsleger drohte abzurutschen. Am Vormittag wurden Dreierteams aus Berg- und Wasserrettung sowie der Polizei mit dem Hubschrauber auf verschiedene neuralgische Gefahrenpunkte geschickt, um diese abzuklären. Ein 81-jähriger Bewohner aus dem Ortskern von Treffen blieb weiterhin vermisst. Die Trümmer- und Lawinenhunde der Bergrettung durchkämmten den Bereich unterhalb des Hauses. Der Schlamm war verdichtet und so war als eine gewisse Glückssache anzusehen, wenn der Geruch des Vermissten zutage treten sollte. Das Ausheben von Suchgräben in der Garage des Vermissten führten ebenfalls zu keinem Erfolg. Am frühen Nachmittag wurde der Vermisste ungefähr 300m unterhalb seines Wohnhauses von einem Bagger freigelegt und anschließend von Kräften der Bergrettung geborgen.
Am Nachmittag konnte ein Bergrettungsteam das auf dem Dach liegende Auto des bis dahin zweiten Vermissten lokalisieren, der in der Nacht verzweifelt bei der Leitstelle angerufen hatte. Es war jedoch leer. In nahezu detektivischer Arbeit (Analyse eines Videos aus der Nacht) konnte es tatsächlich als das Fahrzeug des Vermissten bestätigt werden. Kurze Zeit später wurde der Vermisste auf dem Verditz aufgefunden, so dass wenigstens hier Entwarnung gegeben werden konnte. Wie durch ein Wunder gab es keine weiteren Personenschäden zu beklagen.
Die Arbeit der Bergrettung zeigte hier, dass auch im Katastropheneinsatz die Alltagsherausforderungen der Bergrettung eine gute Schule sind. Zu den Leistungen der Bergrettung zählten hier: Fokussierung auf die Auffindung und Rettung vermisster Personen, die Suchhundearbeit unter schwierigsten Bedingungen, die Fähigkeit zur Improvisation mit einfachsten Mitteln, Ortskenntnis, hohe Beweglichkeit in schwierigstem Gelände verbunden mit der notwendigen Risikoabschätzung sowie die elektronische Erfassung GPS-basierter Daten zur Veranschaulichung auf Karten und Satellitenbildern. Auch mehrere Nachbarortsstellen wurden zur Unterstützung herangezogen bzw. in Bereitschaft versetzt. Die OS Spittal unterstütze uns beispielsweise mit ihren Einsatzfahrzeugen.
Für die folgenden drei Tage wurde vereinbart, dass die Bergrettung weiterhin im Einsatzstab vertreten sein sollte und dass ein mobiles Einsatzteam für allfällige Evakuierungsmaßnahmen in Bereitschaft bleibt, um beim Bedarfsfall schnell eingreifen bzw. ins Einsatzgebiet geflogen werden zu können zu können.
Unser Mitgefühl gilt der Familie des Verstorbenen sowie den zahlreichen Betroffenen, die durch die schweren Zerstörungen großes Leid erlitten haben. Die Beseitigung der Schäden wird wohl noch Monate, wenn nicht Jahre dauern.
gg