Lawinenhundekurs_2018_Innerkrems
Kursbericht vom Lawinenhundekurs, Innerkrems, 2.-8.3.2018 von Hundeführer Gerhard Gfreiner
Nur fahl schimmert das Tageslicht durch die Schneedecke zu mir herein. Draußen bewegt sich etwas über die Oberfläche. Von draußen höre ich Kratzgeräusche. Dann ist es wieder still und etwas heller. Plötzlich höre ich gleichmäßiges, aufgeregtes Graben von Hundepfoten. Ein kurzes Bellen. Eine Lawinensonde sticht durch den Schnee. Dann sehe ich eine Hundeschnauze, die durch die Schneewand bricht. Eine blaue Schaufel erweitert mit geübten Stichen das entstandene Loch. Und da ist er auch schon bei mir herinnen in meiner engen Schneehöhle, Diego, der achtjährige AustralianShepherd-Rüde, und lässt sich von mir, dem „Verschütteten“ im Rahmen einer Verschüttetensuchübung am Lawinenkurs, für seine Sucharbeit mit einem Futterspiel belohnen. Die große Freude, mit der Diego die Nähe zum Menschen sucht, ist mit Händen zu greifen. Dies ist nur eine Voraussetzung von vielen, dass aus jungen, verspielten Hunden im Rahmen der Lawinenhundeausbildung verlässliche Bergrettungshunde werden können. Hundeführer Christian Salentinig ist ein junger, aber besonnener Hundeführer, der soeben die jährlichen Auffrischungsübungen am Lawinenhundekurs in der Innerkrems absolviert. Erfahrung und Übung haben ihn gelehrt, seinem Hund zu vertrauen und seine Körpersprache und sein Suchverhalten zu lesen. Anspruchsvolle einsatztaktische Übungen haben Diego und ihn zu einem Team geformt, das unter den unterschiedlichsten Bedingungen und bei jedem Wetter seinen Auftrag erfüllen kann.
Beim heurigen Lawinenhundekurs beim Gasthof Raufner in der Innerkrems wurden wir mit der großen Bandbreite dieser alpinen Verhältnisse bedacht. Von der Märzsonne, die bei Windstille manchmal nur wenig Geruch an die Oberfläche steigen ließ, bis zum Sturm in Nebel und Schneetreiben, der die Geruchsfetzen durch geheimnisvolle Kanäle im Schnee oft meterweit vom Opfer entfernt aus der Schneedecke riss. Situationen, in denen der in manchen Dingen dem Menschen haushoch überlegene Hund ganz auf das taktische Geschick seines Hundeführers und den klugen Einsatz der Lawinensonde angewiesen ist, um zum Erfolg zu kommen. Der routinierte Umgang mit Lawinensonde, LVS („Pieps“) und Schaufel sind dem Hundeführer selbstverständlich.
Während beim Grundkurs (A) die Schulung der Sucharbeit im Vordergrund steht, werden beim B-Kurs diese vertieft und erste einsatztaktische Grundtechniken erlernt. Beim C-Kurs wird die bereits gefestigte Sucharbeit durch erhöhte Suchdauer und größere Ablenkung perfektioniert und in komplexeren Suchszenarien die Stresstoleranz des Hundeführers geschult. Die Lawinenhundeausbildung umfasst also nicht nur den Hund, sondern in vielerlei Hinsicht wird der Hundeführer ausgebildet. Seine Beziehung zum Hund, seine Klarheit im Auftreten und seine Körpersprache sind es, die den Lawinenhund zu einem verlässlichen Helfer machen. Denn das Suchen selbst braucht man einem Hund nicht zu lehren. Bindung, Vertrauen und Freude sind es, die ein gutes Lawinenhundeteam ausmachen. Suchübungen mehrerer Hunde nebeneinander bewiesen die gute Verträglichkeit der Hunde, teilweise sogar, wenn sie miteinander denselben Verschütten orteten. „Man kennt sich“, das gilt für Mensch und Tier. Für das gegenseitige Vertrauen im Einsatz ist das wichtig.
Heuer konnten drei Hundeführer den A-Kurs, sieben Hundeführer den B-Kurs und zwei Hundeführer den C-Kurs erfolgreich abschließen. 14 Hundeführer absolvierten erfolgreich den CW-Kurs, welcher der jährlichen Einsatzüberprüfung gilt. Zusätzlich waren Gäste aus Slowenien, Polen, Kroatien, Südtirol und Bayern am Kurs, um voneinander zu lernen und den Austausch zwischen den verschiedenen Hundestaffeln zu pflegen, sodass insgesamt 40 Hundeführer und zwei Hundeführerinnen am Kurs teilnahmen. Landeshundereferent Lorenz Geiger bemühte sich in akribischer Organisationsarbeit zahlreiche KameradInnen in die Innerkrems zu bringen. Neben der Sucharbeit wird vom Ausbildungsteam unter der Führung von Albin Oberluggauer auch in Einsatztaktik auf bemerkenswert hohem Niveau ausgebildet. Unerlässlich sind jedes Jahr auch medizinische und lawinenkundliche Ausbildung.
Mit einem Lawinenhundeteam am Lawinenkegel kann der Einsatzleiter also nicht nur auf die Nase des Hundes, sondern auf ein umfassend in medizinischer und einsatztaktischer Hinsicht geschultes Team zählen. Der Einsatzaufbau ist in Zusammenarbeit mit den Leitstellen und den Hubschraubersystemen verfeinert und koordiniert worden, sodass in der Regel in kürzester Zeit ein verfügbarer Lawinenhund auf den Lawinenkegel geflogen werden kann. Die Freude an den Bergen, die Freude an unseren Hunden und die Freude an dieser herausfordernden Arbeit ist es, die uns verbindet.
Bericht von Gerhard Gfreiner, Hundeführer
Alle Fotos in der Originalauflösung hat Gerhard Gfreiner.
Die am Kurs gedrehten Videos erscheinen demnächst.