Der Lawineneinsatz auf der Mauthner Alm
Es ist Donnerstag der 20. Februar. Wir haben gerade eine Woche Hundekurs hinter uns.
Manfred und ich betreuten die B Hunde, dass ist der Kurs an dem die Einsatzfähigkeit von Hund
mit Hundeführer hergestellt werden soll. Stundenlanges mühevolles Üben bei jedem Wetter liegt
hinter uns. Nur ja keine Fehler machen, große Löcher graben, Personen darin verstecken,
zugraben. Eine Person, zwei Personen manchmal auch drei. Immer wieder neue Löcher
benutzen, dass sich Hund und Hundeführer stets neuen Herausforderungen gegenübersehen.
Mit Sondiermannschaft suchen, Verleitungen einbauen, mit anderern Hunden zusammen
suchen usw. usw.
Trotz allem noch keine Garantie, dass es dann auch im Einsatz klappt. Wie gesagt es ist
Donnerstag nach unserem Kurs und wir werden genau bei der Heimfahrt von der Alamierung
überrascht. Eine Lawine auf der Mauthner Alm, 2 Beteiligte. Nach 10 Minuten Albins Anruf: "Bitte
beeilts euch, wir brauchen dringend Hunde, ich erreich den Kurt net " er meldet sich Gott sei
Dank kurze Zeit später.
Schnell fahren geht nicht, zuviel Verkehr, wir gehen in Gedanken den Einsatz durch, Manfred
kontrolliert unsere Ausrüstung. Kurz vor Kötschach die Meldung, dass die Person aufgefunden
wurde. Ein paar Minuten später treffen wir voller Spannung vor dem Rathaus in Kötschach
Mauthen ein. Was ist passiert, wie wurde die Person gefunden. Niemand weiß etwas genaues.
Zwei Personen waren unterwegs, eine wurde nicht verschüttet und konnte einen Notruf
absetzen, die andere Person war sicher schon mehr als eine Dreiviertelstunde unter dem
Schnee. Wir befürchten das Schlimmste. Drei Hundeführer von uns waren im Einsatz (Eckart
mit Nemo, Florian mit Ibo und Kurt mit Akira außerdem Albin ohne Hund), soviel ist bekannt aber
wie ist es ihnen ergangen, hat vielleicht sogar einer von ihnen ???...
Wir treffen unsere Kollegen von den Ortsstellen Lesachtal und Hermagor, dann kommt der
Hubschrauber vom Roten Kreuz mit dem Lawinenopfer, er landet mitten auf der Straße, die Tür
geht auf und sofort herrscht konzentrierte Betriebsamkeit. Niemand von uns spricht, jetzt und
hier wird versucht jemandem das Leben zu retten. Ich greife nach meinen Daumen und eine
kleine Hoffnung regt sich in mir. "Auf alle Fällle lebt er noch, trotz der langen Zeit unter der
Lawine, villeicht hat er noch eine Chance, auch wenn sie wahrscheinlich sehr klein ist",
mittlerweile wissen wir dass die Person mehr als eine Stunde verschüttet war.
Mir fallen 2 Damen auf, die neben mir stehen. Es stellt sich heraus, dass es die beiden Frauen
der Verunglückten sind. "Wie konnte denn so was passieren" fragt eine der Damen verzweifelt
"sie sind doch so erfahren". Ich erkläre ihnen, dass es heute sehr gefährlich war und dass die
schlechte Sicht noch zur Verschlimmerung der Situation beiträgt. "Jetzt ist aber nicht die Zeit für
Selbstvorwürfe, wir alle sollten nun versuchen das Beste zu hoffen" versuche ich sie zu trösten.
Sie bricht in Tränen aus, ihr Mann liegt gerade im Hubschrauber und kämpft wahrscheinlich um
sein Leben. Nach einer kurzen Rücksprache mit der Polizei begleite ich sie auf den
Polizeiposten. Schnell laufe ich danach hinunter, denn der zweite Rettungshubschrauber C7
vom ÖAMTC kommt. Er landet ebenfalls auf der Bundesstraße. Unser junge Kollege Kurt mit
seiner braunen Labradorhündin Akira steigt aus. Manfred läuft ihm entgegen, hilft ihm die Sachen
auszuladen, nimmt ihm den Hund ab. Ich warte auf die Beiden mit gefühlten 200 Puls.
Manfred bringt nur ein Wort heraus: "Treffer" flüstert er, zeigt auf die kleine Akira und seine
Augen leuchten voller Stolz. Auch Kurt ist ganz aufgebracht. "Die Akira ist nicht mehr von einer
Stelle weggegangen", teilt er mir mit "sie hat gegraben und gegraben, dann hab ich dort sondiert
und einen Wiederstand gespürt, ich hab die Sonde einfach stecken lassen". Er erzählt von der
Bergung. Die Peson, ein Arzt aus Wien, sei über 1 m verschüttet, jedoch bei Bewußtsein
gewesen. Einige Zeit nach der Bergung war er sogar ansprechbar. Ein Wunder. Kein LVS und
die Lawine war riesig. Der Hund war seine einzige Chance.
Manfred, Kurt und ich schauen staunend auf die kleine Akira, sie hat es geschafft, sie hat
jemandem das Leben gerettet. Keiner von uns drei bringt mehr ein Wort heraus, obwohl wir so
viele Stunden mit unseren Vierbeinern verbringen, so sind wir in diesem Augenblick doch
fassungslos. Alle haben wir Tränen in den Augen, meine Frau (Ortsstelle Lesachtal) lacht uns
aus. Uns ist das egal. Die vielen Gedanken die wir uns über die Hundearbeit gemacht haben, die
hunderten Übungsstunden, die Rückschläge und die Erfolge. In meiner 13 jährigen Tätigkeit als
Lawinenhundeführer hab ich noch nie eine Lebendbergung erlebt.Das ist der Höhepunkt in
meiner bisherigen Tätigkeit als Lawinenhundeführer, auch wenn ich mit meinem Hund gar nicht
an der Suche beteiligt war. Die Lawinenhundestaffel des ÖBRD Kärntens hat alles richtig
gemacht, wir können uns auch im Ernstfall auf unsere Teams (Hund und Hundeführer)
verlassen.
Jemand lebt und hat es einem jungen Hundeführer mit seinem Hund Akira zu verdanken, einen
schöneren Lohn für uns und die ganze Bergrettung kann es nicht mehr geben.
Bedanken möchte ich mich im Namen der Hundeführer natürlich auch für die großartige
Leistung der Ortsstelle Kötschach Mauthen beim gesamten Einsatz und bei der Bergung. Ohne
deren umsichtige Einsatztaktik wäre ein Sucherfolg wesentlich schwerer gewesen.
Links zu den Medienberichten:
http://kaernten.orf.at/news/stories/2632200/
http://www.kleinezeitung.at/kaernten/hermagor/3555602/ich-dachte-ich-muss-sterben.story