Viele Räder stünden still ...
Franz Lindenberg, Präsident des Österreichischen Bergrettungsdienstes zum Jahr der Freiwilligen Tätigkeiten 2011.
Wann werden Ehrenamt und Freiwilligkeit von den Staaten und der EU - auch konkret - noch besser gefördert? Zum Beispiel durch die Anrechenbarkeit solcher Tätigkeiten auf Pensionen? Die Europäische Union hat 2011 zum Jahr der Freiwilligen Tätigkeiten ausgerufen. Auch Österreichs Politik würdigt Ehrenamtliche nun als Träger des Gemeinwohls. Was kann man tun, damit dieses gesteigerte Interesse nicht nach einem Jahr wieder erlischt?
Viele Räder stünden still, wenn keiner mehr ein Freiwilliger sein will – Wer löscht die Brände? Wer transportiert die Kranken? Wer birgt Verunglückte? Wer sorgt sich um die Alten und Gebrechlichen? Wer sportelt mit den Jugendlichen? Wer kommt bei Katastrophen schnell zu Hilfe?
„Müsste man allein in Österreich den Freiwilligen ihre Arbeit vergüten, wären 440.000 Vollzeit-Arbeitsplätze einzurichten“, schreibt die Wiener Zeitung in einer Analyse dieser Tage. Gut 100 Millionen Europäer sind es, die ohne Bezahlung das Leben ihrer Mitmenschen bereichern.
Bergretter der Ortsstelle Villach bei einer Einsatzübung auf dem Dobratsch.
Grund genug für die Europäische Union zwischen Euro-Rettungsschirm und wirtschaftlichen Lenkungsmaßnahmen einmal kurz auch an diese Menschen zu denken: 2011 wurde zum Jahr der Freiwilligen Tätigkeiten für aktive Bürgerbeteiligung erhoben.
Vier Hauptziele haben die Europäer dazu formuliert:
- Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Freiwilligentätigkeit
- Stärkung des Potentials der Organisatoren von Freiwilligentätigkeiten zur Verbesserung der Qualität von Freiwilligentätigkeiten.
- Anerkennung von Freiwilligentätigkeiten.
- Sensibilisierung für den Wert und die Bedeutung von Freiwilligentätigkeiten.
Auch, wenn diese Hauptpunkte etwas sperrig formuliert sind, könnte man als „freifliegendes Gummibärchen der Menschenfreundlichkeit“ durchaus zufrieden sein, wenn diesen Merksätzen auch konkrete Aktionen der nationalen Regierungen folgen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat sich bedankt. Bei den rund 3 Millionen Österreicher über 15 Jahre, die wöchentlich 15 Millionen freiwillige Stunden unbezahlt leisten. Am 16. Februar wird die Politik in Salzburg das Freiwilligenjahr offiziell eröffnen. „Mit einer Vielzahl von Maßnahmen und Aktivitäten, die den großen Stellenwert von Freiwilligenarbeit für die Lebensqualität und sozialem Zusammenhalt öffentlich und sichtbar machen“, schreibt das Sozialministerium in einer Aussendung. Natürlich warten auch wir Bergretter hier auf weitere konkrete Aussagen und Aktivitäten. Und wir freuen uns über jede offizielle Aktivität, die unsere Organisationen ins rechte Licht rückt und unsere persönliche Stellung in der Gesellschaft verbessert.
Manfred Guggenberger und Baro bei der Suche nach einem Vermissten Alpinisten.
80.000 ehrenamtliche Einsatzstunden hat der Bergrettungsdienst im Jahr 2010 für das Gemeinwohl im wirtschaftlich intensiv genutzten Tourismusland Österreich geleistet. 6.000 Personen haben wir geborgen bei 374 Sucheinsätzen, 75 Lawineneinsätzen, viele auf der Piste, auf Skitour, im Fels, oder auf Wanderwegen.
Oft haben sich die Bergretter/innen bei „Sauwetter“ im Einsatz voll verausgabt oder sogar selbst in Gefahr begeben – Zum Glück ist nie etwas passiert. Auch, weil wir uns eine professionelle Ausbildung unserer Bergretter und eine gute Ausrüstung (noch) leisten können.
Bergrettungsanwärter beim Winterkurs in der Fragant.
Zur Abwendung von Nachwuchsproblemen, vor allem im Bereich der Funktionsträger, wären Anreizsysteme, wie z.B. steuerliche Vorteile für Ehrenamtliche und die Anrechnung der Freiwilligenarbeit im Pensionsystem wünschenswert - für Mitglieder von Rettungsorganisationen mit gesetzlichem Auftrag.
Bitte schreiben Sie mir Ihre Meinung:
Hier finden Sie die Einsatzstatistik 2009 der Kärntner Bergrettung.