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Ortstelle Hermagor
Einsatzgebiet
327 km2
Ortstellenleiter
Dr. Doris Matha
Mobiltelefon
+43 664 1067098
2019 04 16 Glockenjoch
„Glockenjoch-Bergung“ vom Kirchturm der Katholischen Kirche Hermagor
Wir wurden in der Vergangenheit schon zu manch einer interessanten bzw. herausfordernden Bergung gerufen. So fallen Hundebergungen aus der Garnitzenklamm, Bergungen von Katzen aus luftiger Höhe bzw. Kälberbergungen aus tiefen Gräben auf der Alm und Personenbergungen aus Steilwänden ohnehin zu unserem mehr oder weniger regelmäßigen Aufgabenbereich. Aber eine Bergung aus einem Kirchturm hatten wir bis dato noch nicht.
Zu einer solch eher unüblichen Bergung wurden wir am 16.4.2019 eingeladen. Diese Bergung kam somit nicht ganz so überraschend wie ansonsten im Einsatzfall, sondern wurde sie doch bereits Wochen vorher besprochen und lediglich ein passender Termin musste gefunden werden. Die Idee dazu kam von unserm Mitglied Dr. Hermann Verderber, der sich auch in der Pfarre engagiert. So wurde uns berichtet, dass im Glockenturm der kath. Pfarrkirche in Hermagor auf ca. 22 Meter Höhe, zwei ca. 115 Jahre alte Glockenjoche liegen, von denen zumindest eines anlässlich der 850 Jahr-Feier von Hermagor abgeseilt und ins Gailtaler Heimatmuseum verbracht werden soll. Diese beiden Joche wurden nach dem großen Brand in Hermagor (im Jahr 1904), bei dem auch der Turm und das Dach der Kirche schwer beschädigt wurden und die Glocken schmolzen, wahrscheinlich im Jahre 1906 im Turm installiert. Dort hatten sie ihre Funktion bis zum 2. Weltkrieg, als die Glocken eingeschmolzen wurden. 1949 wurden neue Glocken aufgezogen und auch eine angepasste Trag-Konstruktion hergestellt. Die zwei alten Joche wurden, wahrscheinlich wegen ihres Gewichtes, einfach vor Ort belassen. Eine Bergung dieses etwa 250 kg schweren Joches z.B. mit der Drehleiter der Feuerwehr Hermagor war aus technischen Gründen nicht möglich. So wandte sich die Kirche an die Bergrettung und fragte um Rat. Unser Ausbildungsleiter, Karl-Peter Martin, der berufsbedingt immer wieder mit der Verbringung von schweren Leimbindern zu tun hat, nahm sich der Sache an und inspizierte vorweg den Turm und die Bergemöglichkeiten.
Vier Mann unserer Ortsstelle und einige freiwillige Helfer der Kirche machten sich somit an die Arbeit. So wurde eine Flaschenzugkonstruktion ca. 4-6 Meter ober dem Joch aufgebaut. Das westseitige Turm-Fenster musste ausgehängt werden, damit das Joch von dort nach außen bewegt werden konnte. Nordwestlich der Kirche wurde ein weiterer Standplatz mit Flaschenzugkonstruktion aufgebaut, damit das Joch vom Bauwerk weggezogen werden konnte. um keine Beschädigungen am Dach bzw. der Verblechung der Kirche anzurichten. Die Arbeit im Kirchturm war überaus herausfordernd, ist die dortige Holzkonstruktion auch schon in die Jahre gekommen und jedes Brett bzw. jeder Balken musste auf Festigkeit überprüft werden. Jeder Handgriff musste passen, durfte doch kein loses Mateial schwerkraftbedingt in die Tiefe stürzen und dort Schaden anrichten.
In einer rund 2 ½ stündigen Schwerarbeit und nach mehreren Feinjustierungen konnte das Joch dann sicher abgeseilt am Autoanhänger verstaut und gesichert werden. Jedem Beteiligten war anzusehen, dass er froh war, das schwere Eichenjoch, ohne Schaden anzurichten, am Boden zu haben. Diese spektakuläre Aktion hat allen Beteiligten und den Zuschauern bewiesen, dass die intensive technische Ausbildung der Bergretter nicht nur im unwegsamen bzw. alpinen Gelände einsetzbar ist, sondern auch in innerstädtischen Gebäuden.
Hermagor, 18.4.2019
Text: Reinhold Ressi
Bilder: Dr. Hermann Verderber, Karl-Peter Martin