Kontakt
Ortstelle Hermagor
Einsatzgebiet
327 km2
Ortstellenleiter
Horst Liebetegger
Mobiltelefon
+43 670 5087223
2019 03 Bulgarien
Schitouren in Bulgarien auf der Balkan-Halbinsel im März 2019
Das zeitweilige Fernweh einiger Mitglieder der Bergrettungs-Ortsstelle Hermagor ist mittlerweile chronisch. In regelmäßigen Abständen werden die heimischen Berge verlassen um ausländische Bergluft zu schnuppern. Ziel dieser Bergfahrten ist natürlich das gemeinsame Bergerlebnis aber auch der Kultur wird Zeit gewidmet und auch Land und Leute wollen kennengelernt werden.
So machten sich sieben Mitglieder sehr umweltbewusst mit dem Zug von Hermagor nach Wien-Schwechat auf den Weg; schwer bepackt mit dem Schigepäck und der sonstigen Alpinausrüstung. Von Schwechat hob unser Flieger ab und nach knapp 1 ½ Stunden Flugzeit waren wir in Sofia. Dort wurden wir bereits von einer örtlichen Agentur erwartet und weiter ging es in ein Quartier im Rila-Gebirge südlich von Sofia ins Grenzgebiet zu Mazedonien und Griechenland. In diesem Gebirgsteil sollten 4 wunderschöne Schitouren mit etlichen Gipfeln folgen deren fremdklingende Namen wohl nicht überaus lange im Gedächtnis bleiben werden. Lediglich der höchste Gipfel Bulgariens, der Musala mit 2.925 m Höhe sollte zumindest abgespeichert bleiben. Alle diese Touren zeichneten sich durch absolute Einsamkeit aus. Lediglich am höchsten Berg (Musala) trafen wir ein paar andere Bergsteiger. Wir hatten zum Glück einen örtlichen Schiführer, der uns so manchen versteckten Winkel näherbrachte und für zahlreiche sportliche Abfahrtsvarianten sorgte. Wir waren uns sicher, dass auch für unseren örtlichen Begleiter diese Woche in positiver Erinnerung bleiben wird hatte er doch eine überaus sportliche Gruppe anzuführen, die sowohl beim Anstieg und auch bei der nachfolgenden Abfahrt konditionell und alpinistisch überzeugte. Mehr als einmal suchte er steile Varianten aus, die den sicheren Schibergsteiger erforderte. Immer wieder kamen wir auch in die Nähe von kleinen Schigebieten deren technische Ausstattung offensichtlich die 50 jährige Altersgrenze weit überschritten hatte. Bei den Stützen und Bügeln konnte man sich auch bei optimistischer Betrachtung keinesfalls nur auf den Flugrost ausreden. Bei uns hätten die Sicherheitsbehörden schon längst den berühmten Hahn zugedreht.
Am letzten dieser ersten vier anstrengenden Tourentage fuhren wir vom Maljowiza-Gipfel über steile Hänge südlich ab in Richtung des weltberühmten Rila-Klosters. Aufgrund vom Fehlen einer durchgängigen Schneedecke mussten wir die letzten 300 Hm einen Zirbenurwald mit den Schiern am Rücken überwinden der uns ob der Ursprünglichkeit den Mund offen stehen ließ. Nach einer kurzen Pause samt Elektrolyt-Auffrischung besuchten wir das Rila-Kloser (Unesco-Weltkulturerbe). Dieses beherbergt rd. 300 Zimmer und einer imposanten orthodoxen Kirche und ist ein optisches Schmuckstück mit rund 1.200 Fresken dessen Motive aus dem Alten und dem Neuen Testament entnommen wurden. Gegründet wurde dieses Kloster vor nahezu 1.000 Jahren von einem Mönch dessen Kenntnisse von Heilkräutern viele kranke Menschen und wissensbegierige Anhänger anzogen. Heute wird das Kloster zum Teil touristisch genutzt und beherbergt mehrere sehenswerte Museen. Den spirituellen Teil des Klosters decken aktuell nur mehr 11 Mönche ab. Mit dem Auto ging es anschließend südwärts weiter ins Pirin-Gebirge. Es sollten weitere zwei Tourentage in der Nähe des weltbekannten Weltcup Ortes Bansko folgen. In Bansko gibt es lt. Google 20-25.000 Gästebetten und die Frequenz im Ort war dementsprechend. Und hier haben die Lifte einen ähnlichen Standard wie bei uns am Nassfeld und auch den gleichen Liftlieferanten aus unserem westösterreichischen Ländle. Zahlreiche Sportgeschäfte und Gastronomiebetriebe prägen das Ortsbild.
Verlässt man allerdings diese großen Orte so fällt unverzüglich der Abfall des Standards auf. Die Häuser sind zum Teil in einem desolaten Zustand und punkto Sauberkeit gibt es große Unterschiede. In Summe gibt es große landwirtschaftliche Flächen und das Land dürfte überaus fruchtbar sein. Was uns nach den anstrengenden Touren auffiel waren die vergleichsweise günstigen Preise bei Speisen und Getränken. Die Bulgaren kredenzen große und überaus wohlschmeckende Fleischportionen und vorzügliche Salat- und Gemüsevariationen zu einem Preisniveau das ungefähr bei der Hälfte von Österreich liegt.
Nach diesen sechs ununterbrochenen Tourentagen begannen die Muskeln zu schmerzen und wir waren froh, den letzten Tag noch relativ gemütlich in Sofia ausklingen zu lassen. Bei einer Stadtführung wurde uns die abwechslungsreiche und rund 2.000jährige bewegte Geschichte dieser Millionenstadt im Kreuzungspunkt von Europa und Asien nähergebracht und zahlreiche Ausgrabungen aus der Römerzeit gezeigt. Das historische Erbe der Besetzung durch die Osmanen und das sozialistische Erbe des Kommunismus wird allmählich auch baulich von der Neuzeit verdrängt wobei dieser Prozess sicherlich noch etliche Jahre andauern wird.
So bestiegen wir schließlich den Flieger zurück in die Heimat. Zurück ging es entlang der Donau und dem Plattensee, den Neusiedlersee nach Wien-Schwechat. Die Rückfahrt mit der Bahn gestaltete sich gemütlich wenngleich die letzten Kilometer von Villach nach Hermagor ziemlich schweigsam waren - die Anstrengungen der letzten Tage machten sich deutlich bemerkbar.
In Summe verbleibt eine begeisterte Erinnerung an tolle Schitourentage auf der Balkanhalbinsel mit einer einzigartigen Kameradschaft.
Hermagor, März 2019
Text: Reinhold Ressi
Bilder: Karl-Peter Martin