Kontakt
Ortstelle Hermagor
Einsatzgebiet
327 km2
Ortstellenleiter
Horst Liebetegger
Mobiltelefon
+43 670 5087223
2018 06 - 07 Bolivien
Südamerika/Bolivien-Reise 2018 der Bergrettung Hermagor
Dass es eine gewisse Zeit dauert, bis auf Träumen auch Taten folgen ist eine Naturweisheit.
Etliche unserer Mitglieder träumten nämlich schon ziemlich laut von einer längeren Auslandsbergfahrt.
In der Bergrettung Hermagor wurde dieser Prozess insofern etwas abgekürzt indem sich die Interessierten einfach an einen Tisch setzten und infolge die einzelnen Möglichkeiten ausdiskutierten. Es sollten das Ziel und auch die Berge zu uns passen und auch die Erreichbarkeit dieser Berge sollte eine Rolle spielen und vorher und dazwischen sollten auch die Kultur und Land und Leute nicht zu kurz kommen.
Wir entschieden uns schließlich für Bolivien und die Besteigung etlicher hoher Berge. Als Akklimatisationsprogramm sollten Ausflüge an den Titicacasee samt Wallfahrtsort Copacabana und Besichtigung der Sonneninsel als auch eine Jeep-Safari im südlichen Grenzgebiet zu Argentinien und Chile mit seinen großen Salzseen dazu kommen. So machten sich acht Teilnehmer am 16.6.2018 auf den Weg nach München zum Flughafen um die knapp 26-stündige Flugreise in Angriff zu nehmen. Am Flughafen „El Alto“ in La Paz auf rd. 4.100 m Höhe angekommen mussten wir erst mal nach Luft schnappen. Selbst bei der Gepäcksausgabe und nachfolgend im Hotel auf rd. 3.700 m Höhe mussten wir es zwangsläufig langsam angehen lassen. Den plötzlichen Höhenunterschied samt mangelnder Akklimatisation bemerkte jeder nur zu deutlich. Es folgte das anfänglich geplante Programm: viel trinken, keine Hektik aufkommen lassen. Wir sollten in den nachfolgenden drei Wochen nie mehr unter 4.000 m Seehöhe kommen.
An den ersten zwei Tagen waren Stadtbesichtigungen in La Paz und Umgebung angesagt. Wir bestaunten die Formationen im Mondtal und als besondere Attraktion die Seilbahnen der Fa. Doppelmayr aus Vorarlberg die die U-Bahn ersetzten. Dieses Kabinenbahn-System scheint nicht nur für unsere Schigebiete wie geschaffen sondern auch für die Millionen-Metropole La Paz die von rd. 4.100 m am Altiplano bis auf ca. 3.400 m hinunterreicht. Dieser riesige Talkessel konnte nur mit Stützen und Kabinen verkehrstechnisch einigermaßen kostengünstig erschlossen werden. Es gibt mehrere verschiedenfarbige Linien, vergleichbar bzw. ähnlich einem U-Bahnsystem in Großstädten. Dieses System fängt schön langsam an die tausenden Taxi-Kleinbusse zu ersetzen bzw. zu entlasten die die Straßen permanent verstopfen.
Nach diesen Eingewöhnungstagen ging es nach einem knapp 1 ½-stündigen Flug in den Süden Boliviens nach Uyuni welches im Grenzgebiet zu Argentinien und Chile liegt. Dort warteten bereits zwei Allrad-Fahrzeuge auf uns die für die nächsten Tage unser Fortbewegungsmittel sein sollten. Unsere Fahrer brachten uns zum Salar de Uyuni, das ist ein Salzsee in der Größe von Kärnten.
Außerhalb der Regenzeit kann dieser Salzsee mit Allradfahrzeugen relativ problemlos befahren werden und ersetzt die umliegenden Festlandstrassen. In der Regenzeit steht der Salzsee allerdings unter Wasser und wäre für eine Befahrung zu gefährlich. Was wir relativ bald bemerkten ist der beständige Wind und die somit unterkühlten Temperaturen. Außerhalb des Fahrzeuges brauchte es bald die lange Unterhose, im Jeep selbst kommt man aber auch gleich ins Schwitzen. Und auch die einfachen Hostals fielen durch eine fehlende Heizung auf. Gekocht wird hauptsächlich mit Gas, Holz bzw. Bäume gibt es am Altiplano so gut wie keine. Die durchschnittlichen Zimmer-Temperaturen beim Abendessen lagen zwischen + 5° und +8°. In der Nacht kühlte es weiter ab und so mussten die nächtlichen Toilettenbesuche stark verkürzt bzw. nach Möglichkeit überhaupt vermieden werden. Die Jeep-Route führte uns über viele hunderte Kilometer zu etlichen Naturattraktionen bzw. vorbei an Salzseen mit Flamingos und vorbei an rauchenden Vulkanen. Nach 9 Tagen stand schließlich unser erster Berg am Programm. Zu nachtschlafender Stunde ging es im Schein der Stirnlampen los um den Licancabur mit 5.980 Metern zu besteigen. Es ist dies ein formvollendeter ehemaliger Vulkan der szt. von den Inkas als Opferberg gewählt wurde. Nach rund 6 Stunden Aufstieg erreichten wir den sturmumtosten Gipfel und genossen den viele hunderte Kilometer Ausblick bis weit in die Atacama-Wüste Richtung Chile. Weiter ging die Jeep-Reise zum nächsten unterkühlten Hostal und zum ersten 6.000er. Der Uturuncu wurde bei Windböen von bis zu 99 km/h erstiegen; eine totale Herausforderung, auch, weil uns der Wind unsere Kleidung und Ausrüstung komplett mit Staub einhüllte.
Gesundheitlich hatten wir in der Gruppe schon bald die ersten Ausfälle durch grippale Infekte und starken Schnupfen durch die permanent kalten Temperaturen. Lediglich nachts im warmen Schlafsack konnten wir uns nachhaltig erwärmen. Untertags war eine lange Unterhose und Daunenjacke angesagt und ratsam und beim abendlichen Essen ging es ohnehin nicht ohne Überhose und Daunenbekleidung.
Nach diesen ersten Abenteuern ging es zurück zum Sajama-Nationalpark im Nordwesten von Bolivien. Anfänglich wieder über den Salar de Uyuni wo wir am See gleichzeitig einen Sonnenuntergang und den Vollmondaufgang bestaunen konnten. Darauf folgten viele hunderte Kilometer auf abenteuerlichsten Naturpisten die uns und unsere Mageninhalte ordentlich durch beutelten. Aber selbst die längste Fahrt geht einmal zu Ende und es wartete das nächste kalte Quartier auf uns. Nur hatten wir diesmal eine Dusche. Diese hatte zwar nicht in jedem Zimmer warmes Wasser – bei einigen war die Temperatur niedriger als lau, aber man fühlte sich trotzdem sauber. Höhenmäßig folgten zwei weitere z.T. anstrengende und windige 6.000er. Der letzte davon war der Parinacota. Es ist dies ein erloschener Vulkan, der vor ca. 600 Jahren das letzte Mal ausgebrochen war und dabei den Gipfelaufbau abgerissen hatte. Für den Höhepunkt unserer Bergreise, die Besteigung des höchsten Berges Boliviens, den Sajama mit rd. 6.500 m Höhe war mittlerweile die halbe Mannschaft gesundheitsbedingt ausgefallen. Aber der gesunde Rest machte sich über das Basislager und das Hochlager auf zum Gipfelsturm. Am dritten Tag standen alle vier erfolgreich am Gipfel und das bei rund -20° - eine tolle Leistung! Am gleichen Tag ging es noch über anstrengende ca. 1.900 Hm zurück zur Straße und infolge weiter zurück zum Hostal .
Am nächsten Tag ging es die rund 280 km zurück nach La Paz wo wir einen wohlverdienten Rasttag mit Besuchen am örtlichen Hexenmarkt genossen. Diese Stadt fällt durch eine besondere Geschäftigkeit sowohl auf der Straße als auch aufgrund der unzähligen kleinen Verkaufsstände daneben auf. Auch ist der Anteil an indigener Bevölkerung im Vergleich zum restlichen Südamerika auffallend hoch.
Es sollte am vorletzten Reisetag noch ein weiterer Höhepunkt folgen. Und zwar die Befahrung der Death Road. Es ist dies eine ehemalige z.T. nur 3,5 m breite Schotterstraße, die vom Urwald (den Yungas) über den Cumbre Pass (auf 4.700 m Höhe) führt. Auf dieser Straße gab es seinerzeit unzählige tödliche Unfälle durch abstürzende Autos wegen div. Ausweichmanöver. In manchen Jahren sollen bis zu 200 Personen in den Tod gestürzt sein. 2004-2006 wurde dann eine neue asphaltierte Straße gebaut und seitdem wird die Schotter-Straße hauptsächlich als Mountainbike-Abfahrtsstrecke genutzt. Nichtsdestotrotz muss man überaus vorsichtig zu Tal fahren kommen doch immer noch das eine oder andere Fahrzeug entgegen. So fuhren wir ca. 3.400 Höhenmeter oder 60 Kilometer bergab in den Urwald. Bei keinem von uns kam der Gedanke auf, diese Straße auch bergauf zu versuchen.
So ging dieser Bolivienaufenthalt unaufhaltsam seinem Ende entgegen. Aufgrund einer Flugstornierung verbrachten wir am Nachhauseweg noch 12 Stunden in Lima/Peru und nach rd. 48 Stunden Rückreise kamen wir müde aber glücklich in Hermagor an. Bereits nach wenigen Tagen war selbst der hartnäckigste Schnupfen ausgeheilt und alle genießen die hochsommerlichen Temparaturen in der Heimat.
Hermagor, Juli 2018
Reinhold Ressi