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Ortstelle Hermagor
Einsatzgebiet
327 km2
Ortstellenleiter
Horst Liebetegger
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2010 Elbrus
Elbrus 5.642m Schitour auf das Dach Europas vom 14. - 23. Mai 2010
Der Elbrus, der "Weiße Berg", ist ein Doppelgipfel und erloschener Vulkan im Kaukasus an der Grenze zu Asien. Er gilt in weiten Bergsteigerkreisen als höchster Berg Europas und ist somit einer der "Seven Summits". Der Westgipfel liegt nur elf Kilometer von der Kontinentalgrenze, gleichzeitig die Grenze zwischen Russland im Norden und Georgien im Süden, entfernt, zwischen dem Schwarzem Meer im Westen und dem Kaspischen Meer im Osten.
Der Elbrus ist normalerweise ohne technische Schwierigkeiten zu besteigen.
Allerdings darf die schon relativ große Höhe nicht unterschätzt werden. Auch schnell umschlagende Wetterverhältnisse mit begleitenden eisigen Stürmen können einen Gipfelerfolg leicht vereiteln. Und auf die in Gletscherbereichen allgegenwärtige Spaltengefahr muss natürlich hingewiesen werden. So führen Stangenmarkierungen bis zum Sedlowina-Sattel auf 5.416 m und weiter zum Gipfel. Für den Gipfeltag sind ab der Dieselhütte (4.160 m) rund 1.550 hm zu bewältigen. Gute Akklimatisation, entsprechende Kondition für den langen Gipfelanstieg sowie die entsprechende Ausrüstung gegen die Kälte, besonders bei Schlechtwetter, sind Voraussetzung für einen Gipfelerfolg. Steigeisen (Keine Leichtsteigeisen), Pickel und für Kälteempfindliche sind Daunenjacken erforderlich.
1. Tag: Wir, sechs Bergkameraden, davon fünf Mitglieder der Bergrettung Hermagor, wollten einmal mit Schi das Dach Europas besteigen. Gesagt - getan.
Gebucht hatten wir die bestens organisierte Reise beim österreichischen Verkehrsbüro.
Wer ist also alles dabei? Zuerst unser Gast - Horst alias "Kratzl", weiters Wolfgang alias "Peppo", Martin alias "Spangler", Otto, sowie Roland unser Jungmitglied. Sein Zwillingsbruder Robert musste die Tour wegen heftiger Zahnsschmerzen bereits am Vortag zu Hause w.o. geben.
Wir waren alle Top motiviert, hatten wir doch den ganzen Winter Zeit zum trainieren. Am 14. Mai 2010 ging es endlich los. Abflug von Klagenfurt nach Wien von wo wir nach einem längeren Zwischenstopp nach Krasnodar weiterflogen. Dort empfing uns schon eine nette russische Reiseleiterin welche uns bis nach Azau begleitete.
Was wir nicht wussten, oder besser gesagt wahrhaben wollten, die Busfahrt sollte 11 Stunden dauern, alles in allem 20 Stunden Anreise und dasselbe natürlich auch wieder bei der Rückreise.
2. Tag: Bei der Ankunft in Azau 2.300 m, im Baksantal, erwartete uns bereits eine Gruppe Gipfelabsolventen welche schon sehnsüchtig der Heimfahrt entgegenblickten. An ihrem fröhlich und zugleich zufriedenem Gesichtsausdruck war unschwer zu erkennen, dass sie den Elbrus bestiegen hatten. In allen Bergregionen der Welt kann man diese Gesichtszüge ausfiltern.
Hier wurden wir gleich vom dortigen Manager "Pavel" und unserem russischen Bergführer "Vladimir" herzlichst begrüßt. Pavel sollte während unseres Aufenthalts noch etliche Male seine Fähigkeiten und seine herzensgute russische Seele zu unserem Wohle angedeihen lassen.
Das einfach eingerichtete Hotel/Pension entsprach unseren Bedürfnissen. Es befand sich in unmittelbarer Nähe der Lifttalstation und war in Holzbauweise errichtet. Gleich unterhalb am Dorfplatz gibt es einen kleinen Markt mit allerlei heimischen Handwerksprodukten. Obwohl hundemüde, waren wir auch ein wenig durstig und probierten sogleich ein russisches Bier. Wir waren uns alle einig, dass dies nicht die letzte Verkostung war.
3. Tag: Die erste Akklimatisationstour ging auf den Cheget Bashi auf 3.500m. Roland klagte über heftige Magenschmerzen und Übelkeit und blieb deshalb im Hotel zurück. Mit dem Bus gings zum Dorf Cheget zur Liftstation. Mit einem Einsersesselift, vergleichbar mit dem Gartnerkofellift am Nassfeld in den 70er Jahren, fuhren wir zuerst über grüne Wiesen hinauf in die Schneeregionen. Weiter oben zeigte sich dann erstmals der Elbrus im strahlenden Morgenlicht der gleißenden Sonne. Oben am Gipfelplateau wurden wir mit einem grandiosen Rundblick in die großen Weiten des wilden Kaukasus und ins Baksan-Tal belohnt. Wieder unten im Dorf besuchten wir das Elbrus-Restaurant schlechthin. Hier finden zahlreiche Elbrusgipfelfeiern statt. Personentransporte von Azau nach Cheget und retour – alles wird von der Chefin organisiert. Und die Küche mit Grillfleisch und -fisch ist äußerst vorzüglich.
4. Tag: Heute konnten wir uns erfolgreich von der Aufsicht unseres Bergführers Vladimir entziehen. Vladimir duldet es nämlich überhaupt nicht, wenn man sich abseits der Gruppe bewegt. Roland signalisierte, dass es ihm heute besser ginge.
Während der Rest der Gruppe von Azau Richtung Mir-Station gehen, nehmen wir die Gondel und fahren zur Mir-Station 3.470 m hinauf. Wir waren der Meinung, dass eine zusätzliche Schitour in 4000 Meter Höhe besser zur Akklimatisierung beiträgt. Während die neue ultramoderne Kabinenbahn während der Wochentage aus Kostengründen geschlossen ist, nehmen wir die alte Gondel, für die man in unseren Breiten sicherlich keine Betriebsgenehmigung erhalten würde. Die Liftfahrt ist zweifellos ein echtes Abenteuer. Aber wie heißt es so schön, besser schlecht fahren als gut gehen!
Zwei von uns kauften ein Liftticket was sich aber "rächen" sollte. Alle die ein Schwarzticket beim Liftpersonal lösten, durften in die Gondel, wir mussten nach eingehender Prüfung der Tickets durchs Liftpersonal nicht mit. Also warteten wir geduldig auf die nächste Gondel. Bis zur Bergstation "Mir" wurden unsere Tickets noch weitere fünf Mal kontrolliert.
Von der Mir-Station gings dann in gemächlichem Tempo bei Sonnenschein vorbei an den Barrels (runde beheizte Beherbergungskontainer auf ca 3.800 m) und der "Diesel Hut" (neben der am 16.08.1998 abgebrannten Prijut 11. Die Eröffnung der neuerbauten Diesel Hut erfolgte im Sommer 2001) auf 4.100 m Richtung "Pastukhova Felsen" bis auf etwa 4.500 m. Die Pastukhova Rocks befinden sich etwas höher auf ca 4.690 m. Nun beschlossen wir uns zur Umkehr. Genug der Akklimatisation für den heutigen Tag. Jetzt wartet stand uns das absolute Highlight des Tages bevor - 2.500 hm herrlichste Firnabfahrt bei strahlendem Sonnenschein bis vor die Hoteltüre – die Fun- und Spaßgesellschaft reizt sich aus!
5. Tag: Nach dem Frühstück geht's mit der prähistorischen Gondel und Gepäck für mehrere Tage hinauf zur Station Mir. Alle notwendigen Lebensmittel und Getränke werden ebenfalls verladen. Von dort geht's mit den Schi zur Diesel Hut. Das Gepäck und die Lebensmittel werden mit dem Ratrak befördert. Unsere Unterkunft für die nächsten Tage befindet sich nebenan in einem äußerst spartanischen, unbeheizten Container, unterteilt in zwei 6er Lager. Ein weiterer Container dient als Küche bzw Esszimmer. Unsere Köche sollten uns hier jedoch mit äußerst vorzüglichen Gerichten versorgen!
Am Nachmittag unternehmen wir eine Akklimatisationstour Richtung Postukhova Rocks. Der in der vorangegangenen Nacht gefallene Neuschnee beschert uns eine tolle Abfahrt bis zu den Barrels auf 3.800 m. Wir sind über die herrschenden Schneeverhältnisse so entzückt, dass wir uns spontan, gegen gute russische Rubel, einen Ratrak mieten und uns eingehüllt in eine Dieselabgaswolke, nochmals hinauftransportieren lassen. Dannach geht's in den warmen Schlafsack und wir freuen uns schon aufs Abendessen.
In der Nacht sorgt ein orkanartiger Wind und heftige Schneefälle für einige Unruhe bei den Gipfelaspiranten. Niemand wagt sich aus den Containern ins Freie. Die an einem Abhang postierte Toilette ist nicht erreichbar.
6. Tag: Der Wind hat sich etwas gelegt aber das Wetter ist immer noch grauslich. Um die 70 cm Neuschnee sind es inzwischen, mit den Verwehungen auch mehr und es herrscht entsprechend große Lawinengefahr! Die große Neuschneemenge sollte sich für uns jedoch noch als Glücksfall erweisen. Aber was solls. Wir wollen schließlich zum Gipfel und auf Höhe der höchsten Alpengipfel ist es eben nicht immer heimelig. Wir unternehmen trotz der widrigen Umstände eine Tour Richtung Gipfel. Irgendwann will dann doch keiner mehr weiter und wir entschließen uns zur Umkehr und freuen uns auf die warmen Schlafsäcke die dort in den Containern auf uns warten. Denn in den frühen Morgenstunden soll ja endlich der langersehnte Gipfelanstieg folgen.
7. Tag: Um 02:00 Uhr Tagwache. Nach einer kurzen aber dafür fast schlaflosen Nacht geht's zum Frühstück. Hecktisches Treiben in den engen Containern. Jeden einzelnen ist eine gewisse Anspannung anzumerken. Um 03:00 Uhr ist es endlich soweit. Es ist wolkenlos bei ca Minus 25 Grad und eisigem Wind. Gefühlte Temperatur mindestens 10 Grad tiefer. Alle Kameraden haben sich sämtliche verfügbare Kleidung übergestreift und wir hoffen das es in den Morgenstunden wärmer wird.
Wir schlagen der Höhe angepasst ein relativ gemächliches Tempo ein, sodass an eine baldige Erwärmung nicht zu denken ist. Bei den Trinkpausen wird's noch um eine Spur kälter. Wehe dem eine Pinkelpause nötigt.
Irgendwann wird's dann endlich hell und die ersten Sonnenstrahlen erreichen die schroffen Spitzen des wildromatischen Kaukasusgebirges. Welch ein großartiges Panorama.
Und nun ereilt uns das Glück des vortägigen Schneefalls. Oberhalb der Pastukhova Felsen wo sich normalerweise steile Blankeisflächen Richtung Ostgipfel ziehen und zur Montage der Steigeisen zwingen, herrschen optimale Schitourenbedingungen. Wir benötigen aufgrund der Schneeauflage nicht einmal Harscheisen. Und so geht's Spitzkehre um Spitzkehre höher Richtung Ostgipfel und dann die Flanke nach links zum Sedlowina Sattel auf 5.416 m. In der Sonne ist es mittlerweile bedeutend wärmer geworden. Am Sedlowina Sattel zwischen Ost- und Westgipfel errichten wir ein Schidepot, machen eine ausführliche Rast und stärken uns noch einmal für den Schlussanstieg.
Mit Steigeisen, Schistöcken und Pickel gehts in die ca 45° steile, vereiste und 200 m hohe Flanke Richtung Westgipfel. Die Steigeisen müssen exakt gesetzt werden, denn ein Fehltritt kann grausliche Folgen haben. Wer sich hier nach einem Ausrutscher leistet und sich nicht rechtzeitig fängt, fährt unweigerlich einige hundert Meter abwärts.
Die dünne Luft und schwindende Kräfte lassen die steile Flanke in unseren Köpfen nie endend erscheinen. Irgendwann kommen wir auf das großzügige Gipfelplateau und wähnen uns schon am Gipfel. Aber dem ist nicht so. Es vergeht noch mindestens eine halbe Stunde bis wir den Anstieg des Gipfelköpfels erreichen und schlussendlich auf dem höchsten Punkt angelangt sind. Nirgends geht's mehr aufwärts. Jetzt sind wir am höchsten Punkt Europas auf 5.642 m.
Der Abstieg zum Sedlowina Sattel erfordert dann nochmals höchste Konzentration. Dort werden die Schier angeschnallt und dann geht's rund 3.500 hm hinunter. Wir schwingen uns immer im Bereich der Aufstiegsspur talwärts. Aufgrund des Neuschnees mit der damit verbundenen Lawinengefahr in den Flanken und der zum Teil verdeckten Gletscherspalten ist diese Vorsichtsmaßname unabdingbar. Von Genussschilauf keine Spur mehr. Jeder Schwungansatz verursacht brennende Oberschenkel.
Bei der Diesel Hut angekommen organisieren wir gegen ein fürstliches Entgelt sofort einen Ratrak, der unser Gepäck zur Mirstation befördern soll. Der Chef der Liftanlage bemüht sich persönlich um uns und sorgt auch dafür, dass uns die Gondel auch nach Betriebsschluss noch ins Tal befördert.
Eine kurze Schnelldusche für jedermann und ab geht's in die Hotelbar zur Gipfelfeier. Mit einigen überaus trinkfreudigen wie auch standfesten einheimischen wird bis weit in die Nacht hinein gefeiert.
8.Tag: Heute ist Ausschlafen und Erholung angesagt. Ein Spaziergang nach Cheget wo wir den kleinen Markt mit den heimischen Produkten besichtigen und uns ein vorzügliches Fischmenü mit dem ausgezeichneten russischen Bier einverleiben.
9. Tag: Am Vormittag packen wir unsere Sachen zusammen. Anschließend spazieren wir noch nach Cheget zu einen wunderschönen Fischteich, wo einige von uns ihr Mittagessen selbst fangen und gönnen uns noch einmal ein tolles Menü. Am Abend geht's mit der rund 10stündigen Busfahrt wieder nach Krasnodar zum Flughafen und zurück über Wien nach Klagenfurt.
Eine erlebnisreiche Tourenwoche mit der abschließenden Besteigung des höchsten Gipfel Europas, ist für uns mit tollen Eindrücken, erfolgreich zu Ende gegangen.
Bericht: Otto Wildpanner
Fotos: Martin Berger und Otto Wildpanner