Kontakt
Ortstelle Hermagor
Einsatzgebiet
327 km2
Ortstellenleiter
Horst Liebetegger
Mobiltelefon
+43 670 5087223
Chronik der Bergrettung Hermagor
Vor 1947 wurde die Bergrettungstätigkeit von Alpenvereinsmitgliedern ausgeübt. So hat z.B. der Ehrenobmann der Sektion Hermagor, Gustl Kury, den auf der Radninger Alm verstorbenen beliebten Arzt und Initiator des Kriegerdenkmales von Hermagor, Dr. Albert Menninger von Lerchenthal, mit Helfern bis nach Hermagor heruntergetragen. Kury war auch 1928 bei der Bergung des Villacher Bergsteigers Üblacher im Einsatz, der am Trogkofel tödlich verunglückte.
Die Gründung der Ortsstelle Hermagor erfolgte 1947, erster Ortsstellenleiter war Anton Krieber, langjähriger Hüttenwirt der Nassfeldhütte der Sektion Hermagor des ÖAV
Weitere bekannte Mitglieder der Gründerzeit:
Johann Kandutsch, Schlossermeister, Gerätewart
Albert Max Gangl, Gendarmeriebeamter, Kassier und Schriftführer
Dr. Wolf Zimek, prakt. Arzt als Bergrettungsarzt
Walter Kanavc war ab 1955 Mitglied der Bergrettung und erster Lawinenhundeführer in Hermagor
Rudolf Berger, Gendarmeriebeamter und Leiter der alpinen Einsatzgruppe Hermagor
August Pichler, Uhrmacher und Textilkaufmann, der etwa 1958 die Ortststellenleitung von Anton Krieber übernahm und diese bis 1967 innehatte. Pichler war auch begeisterter Segelflug-Pilot.
Ende der 50-er und Anfang der 60-er Jahre wurden Mitglieder der Bergrettung Hermagor:
Günther Aichbauer, Trafikant, und Hans Plattner – beide auch Hundeführer
Gasser Kurt, Tischlermeister
Matthias Truppe, Gendarmeriebeamter,
Alois Marka 1961 als Gerätewart, Kassier und Schriftführer
Die Ortsstellenleiter im Überblick seit Gründung der Ortsstelle Hermagor:
Krieber Anton: 1946 – 1958
Pichler August: 1958 – 1967
Kanavc Walter: 1967 – 1974
Holbein Hermann: 1974 – 1977
Gangl Helfried: 1977 – 1999
Ressi Reinhold: 1999 – 2017
Dr. Doris Matha: 2017 – 2023
Horst Liebetegger: seit 2023
An Geräten war 1961 vorhanden:
3 Hanfseile (30 m), einige Reepschnüre, div. Felshaken, Karabiner und Hammer, 1 Stahlseilgerät (ohne Winde zur Aufwärtsbergung)
1 Grammingersitz
1 Gebirgstrage „Mariner“ – heute im Heimatmuseum in Möderndorf
1 Aluminium-Akja, zerlegbar mit Holzholmen
2 Schiverschraubungen, eine davon in der AV-Hütte am Nassfeld
Ca. 20 Lawinensonden
1 Beinschiene aus Blech
Kramerschienen und Verbandsmaterial, teilweise aus Beständen des 2. Weltkrieges
Die Geräte waren im Dachboden des Gemeindeamtes Möschach in einem Gebäude beim sog. Königsbad – heute gegenüber Fahrradgeschäft Härle, Fahrradparadies – untergebracht. Nach zwischenzeitlicher Lagerung in einem Dachboden in der Neuen Heimat in Hermagor erfolgte die Unterbringung im neuen Roten Kreuz in Hermagor, wo ein Verschlag im Keller ausreichend Raum bot. Der Vortragsraum im 1. Stock diente auch dem Bergrettungsdienst für Schulungen und die monatlichen Zusammenkünfte. Danach erfolgte die Übersiedelung in das Gebäude der ehemaligen Gailbauleitung. Diese Räume wurden gemeinsam mit dem Alpenverein genutzt, der dort seine Jugend-Heimabende und Besprechungen abhielt – bis 2012.
Einziges einheitliches Ausrüstungsstück der BRD-Männer (Frauen im BRD gab es damals noch nicht) war ein olivgrüner Anorak aus Zeltleinwand, der von der Landesleitung geliefert wurde und zu bezahlen war, dann kam später noch ein gleichfarbiger Wollpullover dazu.
Bis 1958 erfolgen die Bergungen vom Nassfeld fast zur Gänze mit der Schiverschraubung, mit deren Hilfe aus den Schiern des Verletzten ein stabiler Schlitten hergestellt wurde. (Ein Essl-Rucksack war später mit Verstrebungen ausgestattet, die als Schiverschraubung verwendet werden konnten).
Die Verletzten mussten bis ins Tal gebracht werden, da die Nassfeldstraße nicht geräumt wurde. Die Schiverschraubung wurde dann bei der nächsten Gelegenheit wieder zu Fuß zur Hütte zurückgebracht.
Mit der Errichtung der ersten Schlepplifte am Nassfeld durch die Firma Jenull 1960 begann auch der regelmäßige Rettungsdienst des BRD Hermagor am Nassfeld.
Als Anfang der 60-erJahre der Ortsstelle ein außer Dienst gestellter Krankenwagen kostenlos zur Verfügung gestellt und dieser nach Einbaues eines VW-Austauschmotors fahrtauglich gemacht wurde, konnte die Anfahrt zu den Liftdiensten und Einsätzen durch mehr als 5 Jahre mit diesem Fahrzeug erfolgen. Da das Auto voll ausgestattet war, wurden bei Bedarf auch Verletzte vom Nassfeld in die Wiederherstellungsanstalt Hermagor – jetzt Gailtalklinik transportiert.
1963 wurde der ausgebaute Steig durch die Garnitzenklamm eingeweiht, was eine neue, wesentliche Aufgabe für den BRD brachte. Schon in den ersten Jahren danach kam es zu mehreren schweren Unfällen. Bei den Bergungen bewährte sich besonders die „Mariner-Gebirgstrage“.
Ein fixer Termin war der Rettungsdienst beim Gartnertnerkofel-Rennen, das seit Ende der 40-er-Jahre ausgetragen wurde. Mithilfe beim „Bretteln“ der Abfahrtsstrecke und das Hinauftragen des AKJA zum Damenstart – jetzt Bergstation des Gartnerkofelliftes – gehörte zu den Aufgaben der Ortsstelle.
Einige herausragende Einsätze der Ortsstelle Hermagor in der Vergangenheit:
Sommer 1958:
Tödlicher Absturz eines 14-Jährigen in der Garnitzenklamm beim Blumenpflücken in der Nähe der Franzenswarte, schwierige Bergung aus dem Bach.
Winter 1963:
Bergung einer Schifahrerin mit Fußbruch von der Dellacher Alm. Verständigung durch einen Gefährten, der ins Tal abfuhr, um die Bergrettung zu alarmieren. Aufstieg am späten Nachmittag und Abend von Nampolach aus z.T. über den alten Holzbringungsweg (Pferde-Strotzweg) in die Dellacher Alm und nächtlicher Abtransport mit Schiverschraubung, Ankunft in Nampolach um ca. 6 Uhr früh.
Ein anderes Mal, Jahre später, wurde bei größter Lawinengefahr ein Schifahrer, der sich im Bereich der Poludnigalm den Fuß gebrochen hatte, über die Egger Alm Straße abtransportiert.
1965:
Leichenbergung im felsigen Gelände nördlich des Pressegger Sees. Ein dementer alter Herr, Bankdirektor Siegfried Hild, war im Mai verschwunden und konnte bei den Suchaktionen nicht gefunden werden. Drei Monate später fand ein Sommergast in den Felsen die sterblichen Überreste des Verschollenen.
1967: Großeinsatz im März beim Lawinenunglück am Golz mit 2 Toten und einem Verletzten. Am Tag des Gartnerkofelrennens erhielt nach dessen Beendigung die anwesende Gendarmerie per Funk die Mitteilung von einem Lawinenunglück am Golz. In großer Eile wurden Gerät und Schi verpackt und die Mannschaft fuhr im Bergrettungsauto, so rasch es ging, zum Geräteraum beim Roten Kreuz. Lawinenschaufen, Sonden, Markierungsfahnen u. s. w. wurden nach Untermöschach gebracht – am Gelände des heutigen Sportplatzes – wo der legendäre Pilot Hans Werginz mit seinem Hubschrauber landete und zuerst Hans Plattner mit seinem Lawinenhund auf die Radniger Alm brachte. In mehreren Flügen folgte der Rest der Mannschaft mit der Ausrüstung. Es war dies der erste Hubschraubereinsatz im Bereich der Ortsstelle Hermagor. Der erste Tote wurde vom Lawinenhund relativ bald aufgespürt und er konnte aus dem pickelharten Schnee ausgegraben werden. (Am Vortag hatte es stark geregnet, in der Nacht war es dann aufgeklart und 4 Personen gingen von der Radniger Alm mit Schiern auf den Golz, wo weit oben das gewaltige Schneebrett ausgelöst wurde und der nasse Schnee die Tourengeher mitriss. Die Suche nach dem 2. Toten verlief am Sonntag ergebnislos, am Montag wurden zahlreiche Feuerwehrmänner mit eingesetzt. Die Mannschaften wurden mit 2 großen Bundesheerhubschraubern, die aus Langenlebarn angefordert worden waren, auf die Alm und wieder herunter geflogen. Auch an diesem Tag verlief die Suche ergebnislos. Erst am Dienstag wurde in etwa 3 m Tiefe das 2. Todesopfer im eisig-harten Schnee gefunden und geborgen. Verständigt hatte die Gendarmerie ein Freund der beiden Opfer, dem es gelungen war, mit den Schiern der Lawine zu entkommen. Sofort eilte er ins Tal, um vom Unglück Kunde zu geben und die Einsatzkräfte zu alarmieren. Ein zweiter wurde aus der Lawinenbahn geschleudert und erheblich verletzt.
1969:Nächtliche Bergung eines verwirrten alten Mannes vom Golz weit oberhalb des Radniger Wasserfalles. Der aus Norddeutschland stammende Mann wurde von Verwandten aus Radnig als abgängig gemeldet. Er war über Nacht ausgeblieben und es wurde das Ärgste befürchtet. Bergrettung und zahlreiche Feuerwehrmänner suchten bei schönem, sehr warmen Wetter den ganzen Tag die Umgebung von Radnig, den Gösseringgraben und die Madatsche ab. Nach Ende der Suchaktion, als sie von der Madatsche mit dem Gendarmeriefahrzeug heimfahren wollten, hörten 2 Gendarmen und 2 Bergrettungsmänner vom Golz weit oben schwache, kaum hörbare Hilferufe. Sofort wurde unter Mitnahme eines Tragetuches um 20 Uhr mit dem Aufstieg begonnen und kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurde der Vermisste im steilen Gelände gefunden. Ohne Taschenlampe, nur mit dem Tragetuch wurde der erschöpfte Mann – dessen 2. Nacht im Berg angebrochen war – im z. T. felsigen und steilen Gelände geborgen und in der Nacht zu Tal gebracht. Mit dem Gendarmeriefahrzeug wurde er zu seinen Verwandten nach Radnig transportiert. Als sie beim Gasthaus Franz in Möschach vorbeifuhren und noch das Licht brannte, wollte er dort unbedingt aussteigen, mit dem Ruf „ein Krug, ein Krug“. Krug wird in Norddeutschland als Bezeichnung für ein Gasthaus verwendet.
Alle diese Einsätze erfolgten ohne Funkgeräte, was die Verständigung erschwerte, da diese nur direkt zwischen den BRD-Männern mündlich möglich war. Die ersten Funkgeräte wurden erst 1972 um viel Geld angeschafft.
Nach August Pichler folgte 1970 kurzfristig Walter Kanavc als Ortsstellenleiter, dem Hermann Holbein, ebenfalls für eine kurze Periode folgte. Holbein ist seit 1964 Mitglied der Bergrettung und seit 1966 Hundeführer. Als Ausbildungs- und Einsatzleiter konnte und kann er sein äußerst umfangreiches Wissen einbringen, auch als Ausbildner für Lawinenhunde.
Der nächste Ortsstellenleiter Helfried Gangl war dies für viele Jahre, er organisierte auch die erste große Auslandsbergfahrt der Bergrettung 1980 auf den Kilimanjaro, wo allen Teilnehmern die Besteigung des Mawenzi und des Kibo gelang. Ihm folgte der heutige Ortstellenleiter Reinhold Ressi nach, der diese Funktion bis Januar 2017 erfolgreich ausgeübt hat. Nach Reinhold Ressi folgt Fr. Dr. Doris Matha als Ortsstellenleiterin.
Eine Schitourenwoche oder eine Auslandsbergfahrt werden jährlich angeboten und führen die Bergretter in die hohen Berge dieser Welt.
Ein auch emotional sehr schwieriger Einsatz erfolgte im Jahre 1992 bei einem Seilbahnunglück am Nassfeld, bei dem mehrere Tote und zahlreiche Verletzte zu beklagen waren. Ursache des Unfalles war eine gebrochene Rolle bei einer Seilbahnstütze, wodurch Schifahrer von ihren Sesseln auf die harte Piste geschleudert wurden.
Einige Suchaktionen im Bereich dieses Schigebietes endeten leider mit Totbergungen verirrter Schifahrer, aber Gott sei Dank auch lebensrettend, was sich die Retter immer wünschen.
Das Lawinenhundewesen in Hermagor und Kärnten:
1955 trat Walter Kanavc der Bergrettung bei und 1956 wurde er Lawinenhundeführer, mit dem Hund von Dr. Zimek, der wiederum als Obmann des Sportklubs Hermagor, des Alpenvereins Hermagor und der Bergwacht Hermagor die alpine Szene prägte.
Später schaffte er sich eigene Schäferhunde an. Wie erwähnt, nahm er 1956 beim 1. Lawinenhundekurs in der Fragant teil, und zwar in der so genannten „Stillen Klause“ bei der Fraganter Hütte, die überhaupt zu einem Stützpunkt der Lawinenhundeausbildung wurde.
Die Initiatoren waren Hofrat D.I Albert Gayl und OAR Hans Kidalka. Bald wurde auch Kanavc Mitglied dieses Teams. Bis zum Jahre 2000 nahm er an den Kursen teil, auch als Ausbildner, dies galt auch für die 1. Hilfe. Sommerübungen fanden u. a. bei der Barmer Hütte, in Kärnten und in Slowenien statt. Kanavc knüpfte Kontakte zur Südtiroler Bergrettung und auch zu den Slowenen. So leitete er ca. 1970 den ersten Lawinenhundekurs für Südtirol.
In weiterer Folge wurden in Kärnten so genannte Talschaften gebildet, jede sollte über einen Lawinenhundeführer verfügen, um im Einsatzfall schnell helfen zu können. Die Lawinenhunde wurden später zu Vermissten-Suchhunden ausgebildet. Kanavc war 20 Jahre lang Lawinenhundereferent von Kärnten – bis 2000 – und auch für die Erstellung der Einsatzpläne verantwortlich. Er erhielt 2001 in Saalfelden für seine umfangreiche Einsatz- und Ausbildungstätigkeit vom Alpenverein die höchste Auszeichnung für Bergretter verliehen, das Grüne Kreuz.
In Österreich fanden die jährlichen Bundesländertagungen der Lawinenhundereferenten u. a. am Nassfeld beim Plattner statt. Die erste derartige Tagung wurde 1970 in Mallnitz organisiert. Hans Plattner sen. und Holbein Hermann waren gleichfalls Lawinenhundeführer und Holbein ist nach wie vor im Ausbildungsteam tätig. Er verfügt über ein äußerst umfangreiches Wissen über die Rettungs- und Bergungstechniken und die Führung von Lawinen- sowie Suchhunden. U. a. war er mit seinem Hund bei Erdbeben-Nachsuche im Ausland im Einsatz.
Wie wichtig gut ausgebildete Lawinenhunde sind, zeigte sich am 20. 2. 2014, als ein Lawinenverschütteter auf der Mauthner Alm nach 70 min. (!) von einem Lawinenhund lebend entdeckt wurde.
Bericht von Alois MARKA über die Geschichte der Ortsstelle Hermagor des Österreichischen Bergrettungsdienstes – März 2014 mit Ergänzungen von Dr. Hermann Verderber und Reinhold Ressi