Eine Genussklettertour in dieser moderaten Schwierigkeit und einem dermaßen herrlichen festen Gestein kommt einem viel zu selten unter. Ein Sanduhrenparadies ohne Ende, aber nach 5 Seillängen ist die Kletterei leider viel zu schnell vorbei! Lediglich der relativ schwierige Zustieg und auch der Abstieg fordern etwas Spürsinn und gute Moral, weil man sich recht ausgesetzt im I. und II. Schwierigkeitsgrad bewegen muss.
Ausgangspunkt ist das Weißenbachtal. Bei der Brunnerhütte zweigt man gleich rechts weg Richtung Vetta Bella. Etwa 100 Höhenmeter unter der Forcella degli Ometti weist ein Steinmann den Abzweiger rechts weg auf einen unscheinbaren Steig zur Scharte (man muss wirklich aufpassen, um diesen Abzweiger nicht zu verfehlen!). Von der Scharte geht es recht ausgesetzt über ein paar Felsstufen schräg rechts hinauf zu den Latschen. Nach dem Latschenfeld steigt man wieder ca. 30 Höhenmeter ab zum Einstieg, direkt unter dem markanten schwarzen Wasserstreifen und der spektakulären Riesen-Sanduhr.
Es sind gute Abseilstände eingerichtet, in der 2. Seillänge stecken auch einige Normalhaken, aber es sind jede Menge Sanduhren und tolle Sicherungsmöglichkeiten vorhanden. Ohne ein genaues Topo bin ich nach meinem 3. Stand von der „Direttissima“ abgewichen und dem schwarzen Wasserstreifen weitergefolgt, um eine echte Direttissima zu machen (siehe Topo unten die gelbe Linie).
Der Abstieg führte zur Forcella delle Cenge, auch hier ist mehr als Trittsicherheit in großer Ausgesetztheit notwendig (mit Kletterstellen bis zum II. Grad). Von der Scharte ging es ca. 30 Höhenmeter gut versichert hinauf und den teilweise sehr steilen Wanderweg hinunter zur Brunnerhütte.
Mein Resumee: Eine extrem schöne Klettertour im IV. Grad und ausgesprochen alpinem Charakter! Zustieg und Abstieg sind lange und anspruchsvoll, aber insgesamt trotz der wenigen Seillängen ein lohnendes Ziel. Es bietet sich an, über die Tour abzuseilen und daneben die andere Route "Sac, Nani e chel de Nite" zu klettern, Schwierigkeitsgrad max. V.
Berg Heil
Martin
Topo aus http://www.quartogrado.com mit meinen Ergänzungen in Gelb
Südwestwand der Hochstelle, wie die Cima delle Cenge auf Deutsch heißt
Blick vom Einstieg hinauf zur Riesen-Sanduhr, unter der man durchklettert
Tiefblick vom 2. Stand hinunter
Die 3. Seillänge mit unzähligen Sanduhren
Am Gipfel mit Blick nach Westen, Vetta Bella im Vordergrund
Unzählige Edelweiße wachsen am Gipfel der Hochstelle
Cima delle Cenge im abendlichen Licht, Zoom vom vorderen Weißenbachtal