Vor zwei Wochen hat Doris mir von ihrer Tour über den SO-Grat auf den Kaltwasserspitz, weiter auf die Innominata und zum Wischberg erzählt, die sie alleine gegangen ist. Da der Südostgrat auf den Kaltwasserspitz von der Corsihütte aus so verlockend aussieht, wollte ich ihre Tour gerne einmal wiederholen. Die Gelegenheit kam schneller als erwartet. Der ursprüngliche Plan, den Wischberg über die Gola Nord-Ovest (NW-Schlucht) zu besteigen, wurde wegen des unsicheren Wetters auf die besagte Tour geändert.
Über die Corsihütte gelangt man zur Kaltwasserscharte, von der aus der Südostgrat auf den Kaltwasserspitz hinaufführt. Nicht ganz klar war uns der richtige Routenverlauf, aber nach einer ausgesetzten Umgehung des ersten Steilaufschwunges (unter dem ein Schlaghaken und weiter rechts daneben sogar ein guter Stand mit Bohrhaken zu sehen war), den Doris bei ihrer Tour nahm und glaubte, falsch zu sein, hatte sich herausgestellt, dass sie damals richtig unterwegs war. Der weitere Weg war gut zu finden, Steinmänner gaben eine gute Orientierung. Der Abstieg vom Gipfel führt südwestlich über eine Schlucht zum Anita-Goitan-Steig.
Nach einigen Minuten entlang dieses Steiges erreicht man die Innominata, die wir über die Südost-Seite erkletterten. Ganz dem 2. Preuß’schen Klettergrundsatz gehorchend („Das Maß der Schwierigkeiten, die ein Kletterer im Abstieg mit Sicherheit zu überwinden im Stande ist und sich auch mit ruhigem Gewissen zutraut, muss die oberste Grenze dessen darstellen, was er im Aufstieg begeht.“) kletterten wir sehr ausgesetzt auf die Spitze der Innominata.
Nach dem Abstieg, der beim Klettern wie immer schwieriger ist als der Aufstieg (denn ohne Seil kann man auch die beiden Abseilstände nicht nutzen), wartete noch das letzte Ziel dieser Tour, der Wischberg. Es kam uns eine große Gruppe Alpinisten entgegen, die wenige Höhenmeter unter dem Gipfel eine Gedenktafel angebracht hatte. Die Gruppe stieg über die Nordostschlucht auf den Wischberg, um diese Tafel anzubringen, sie nennt sich „Associazione XXX Ottobre Sezione del CAI – Trieste“, das erwähne ich deshalb, weil kein Geringerer als Emilio Comici ebenfalls einer von ihnen war.
Den Abstieg wählten wir über die Mosesscharte zurück zur Corsihütte.
Resümee: Eine wunderschöne und lange Tour (ca. 2000 Höhenmeter) in diesem herrlichen Gebiet der westlichen Julier, aber auf diese Art (seilfrei) nur für gute Kletterer zu empfehlen.
Berg Heil
Martin
Beginn des Südostgrates auf den Kaltwasserspitz
Der Steinmann rechts in der Bildmitte verleitete zur Umgehung des ersten Aufschwunges
Ausgesetzte Kletterei
Tolle Kletterei im besten Fels
Blick nach Osten zur Korspitze
Im schotterigen Kamin
Durch diesen Kamin ging es nicht, sondern links daneben hinauf
Abstieg durch die Südwestschlucht